Klang-Kraft-Kinematik, Forschungen von Dr. Henriette Gärtner

Veranstalter: Akademie Alb-Bodensee/Bildungswerk Ort: Haus der Musik
Am Rande Ihres Meisterkurses hielt Dr. Gärtner am 6.9.2014 einen Vortrag zu Ihrem Forschungsthema:
Klang, Kraft und Kinematik – über dieses Thema forschte Dr. Henriette Gärtner und schrieb ihre Doktorarbeit. In ihren Meisterkursen legt sie sehr großen Wert auf eine entsprechende Körperhaltung beim Klavierspiel. Ein Besuch eines ihrer Meisterkurse ist daher nicht nur für aktive Teilnehmer, sondern auch für klavierspielende Zuhörer von besonderer Wichtigkeit.
Das Bildungswerk lädt in Zusammenarbeit mit der Akademie Alb-Bodensee Frau Dr. Henriette Gärtner einmal im Jahr zu einem Meisterkurs ins Haus der Musik ein. Der Praxisbezug steht im Vordergrund! Der Erfahrungsaustausch ist Teil des Kurses. Auf Basis der vorhandenen Fragen und Probleme wird der Kursverlauf gestaltet. Gärtners Kurse gehen über das künstlerische Klavierspiel hinaus und beleuchten die Gesundheit der MusikerInnenn. Dazu zählen z.B. das Optimieren von Übprozessen und das Sensibilisieren des Bewusstseins, wozu Aspekte wie Körperwahrnehmung, Körperhaltung, Atmung sowie Muskelspannung und -entspannung beim Klavierspiel von großer Bedeutung sind.
Die Kurse von Dr. Henriette Gärtner richten sich an fortgeschrittene Schüler, Studenten, Klavierlehrer und Pianisten.
Unterrichtsstunden (bei aktiver Teilnahme), Körperübungen und Erfahrungsaustausch (s. Kursbeschreibung) – Übmöglichkeiten sind im Haus der Musik in Meßkirch „rund um die Uhr“ vorhanden. Direktkontakt: henriette.gaertner@gmx.de


Klang, Kraft und Kinematik beim Klavierspiel – über ihren Zusammenhang, aufgezeigt an Werken aus der Klavierliteratur
Zusammenfassung über die Kurzpräsentation in der Akademie Alb-Bodensee am 06.09.2014
Referentin: Dr. Henriette Gärtner
Die Idee, über den Zusammenhang von Klang, Kraft und Kinematik beim Klavierspiel – aufgezeigt an Werken aus der Klavierliteratur einen wissenschaftlichen Beitrag zu leisten, entstand im Zuge des Weltkongresses für Biomechanik 1998 an der Universität Konstanz. In der Vorbereitung dessen hatte Prof. Dr. Hartmut Riehle, damals Leiter der Sportwissenschaft an der Universität Konstanz, die Idee, zu untersuchen, ob Meisterpianisten Hochleistungssportler sind. So wurde dann der Grundstein gelegt für meine Zulassungsarbeit für das 1. Staatsexamen im Fachbereich der Biomechanik mit dem Thema „Vergleichende biomechanische und sportmedizinische Untersuchungen zur Belastung und Beanspruchung bei Konzertpianisten und Leistungssportlern“, was gleichzeitig die Geburtsstunde für mein Promotionsvorhaben war. Aus eigener Erfahrung mit vielen Klavierpädagogen wusste ich um die Notwendigkeit einer wissenschaftlichen Aussage über das Verhältnis Kraft – Klang. Dank der Tatsache, dass ich sowohl in der Musik als auch im Sport zuhause bin (was eher die Ausnahme ist als die Regel), möchte ich den Schnittbereich beider Gebiet beleuchten und folgende Frage beantworten: „Was können wir Pianisten aus den biomechanischen Untersuchungsmethoden herausnehmen, in der Klaviermethodik einsetzen, um dann davon zu profitieren?“ Auf diesem Gebiet einen Beitrag in Form einer wissenschaftlichen Aussage zu leisten ist mir ein großes Anliegen. Die Frage, warum der eine Pianist trotz erheblichen körperlichen Einsatzes kaum einen Klang aus dem Flügel herausbekommt, während ein anderer Pianist scheinbar mühelos ein kräftiges Fortissimo und ebenso ein aussagekräftiges Pianissimo erreicht, hat mich immer beschäftigt. Dass der Pianist mit einem unnötig großen bzw. unökonomischen körperlichen Einsatz seine Gesundheit riskiert kann und dabei seine Karriere auf dem Spiel steht, ist eine logische Konsequenz. Meine große Motivation ist es, einen realen Bezug zu den Pianisten herzustellen. Eine Analyse der „biomechanischen“ Reproduktion der musikalischen Dynamik, wie vom Komponisten gewünscht bzw. vorgegeben, und damit des Klanges, ist ein außerordentlich wichtiger Aspekt. Denn der Klang ist letztendlich die Quintessenz musikalischen Handelns; das Hören führt die Bewegung und ein voller, warmer Klang, sei es im piano oder forte, korreliert mit einer mühelosen, aber effektiven Bewegung. Aufgrund meiner Erfahrung als Konzertpianistin weiß ich, dass auch durch veränderten Krafteinsatz und somit Minimierung der Belastung und Beanspruchung der Gelenke und Sehnen, der gewünschte Klang erzeugt werden kann. Dies wird mit Hilfe komplexer biomechanischer Untersuchungsmethoden bestätigt und aus den biomechanischen Ergebnissen können Rückschlüsse auf eine sinnvolle „Bewegungsführung“ gezogen und Übungsmethoden erarbeitet werden. Zudem geht der Klangrealisierung eine Klangvorstellung (vom „inneren Ohr“ gehört) voraus. Um dem Pianisten bei der Annäherung des „innerlich Gehörten“ und der Klangumsetzung visuell zu begleiten und zu unterstützen, kann die in der Arbeit angewandte Methode hilfreich sein. Somit ist es das Ziel, einen neuen Weg mittels biomechanischer Untersuchungsmethoden in der Klaviermethodik aufzuzeigen, was als Ergänzung und Bereicherung der Klavierdidaktik/Klaviermethodik verstanden werden kann.
Arbeitsunterlagen: